History

Im Jahr 1960 machte sich der damals junge Schneidermeister, mit einer Ausbildung in München, in der DDR in Zwickau/Sachsen selbstständig. Obwohl das Haus äußerlich einer Ruine glich, war der Laden gut ausgestattet und die technische Einrichtung außerodentlich gut. Nach einer zusätzlichen Ausbildung für Leder und Lederbekleidung hatte der Betrieb, in dem inzwischen 4 Mitarbeiter Tätig waren, einen hervorrsgenden regionalen- und überregionalen Ruf. Da in der DDR die volkseigene Konfektionsindustrie nicht in der Lage war, die Bevölkerung ausreichend zu versorgen und Importe auch nicht möglich waren, war man froh, das es noch private Schneidermeister gab. Diese waren bis zur Wende sehr begehrt, und die fundamentalen Kenntnisse einer Maßschneiderei, meisterliche Erfahrung wurde bis in die heutige Zeit erhalten.


Das Gebäude, in der die Meisterwerkstatt 30 Jahre zu Hause war, wurde zwar bis 1990 noch voll saniert aber ab 1991 zugunsten einer Bank abgerissen. Der Betrieb wurde aufgelöst, nur der Meister war geblieben, aber wohin mit Ihm?


Um seine Kenntnisse, vor allem Reparaturen, Änderungen und ein paar Neuanfertigungen weiter anzubieten, bot sich in der Saarstraße in Zwickau ein Haus an, welches früher einmal der eignen Familie gehörte. Das Haus stand ansonsten leer, nur die Annahmestelle des Meisters befand sich darin, denn er arbeitete zu Hause.


Zeitungsartikel der Freien Presse :
Meister Pester gibt niemals auf

Die Geschichte vom zähen Schneider: Vom König zum Hausmeister und (fast) zurück

Von unseren Redaktionsmitglied Mario Ulbrich


Schneidermeister Gottfried Pester in
seiner provisorischen Annamhmestelle

Der Stadtbekannte Schneidermeister Gottfried Pester lebt Heute im Vogtland, doch von seiner Heimatstadt hat er sich nie lösen können. Auch wenn das bedeutete, daß er zäh wie Leder werden mußte, auf dessen bearbeitung er sich spezialisiert hat. Im alten Haus in der Saarstraße hat der Meister eine kleine Annahmestelle. Jeden Donnerstag kommt er aus Waldkirchen nach Zwickau und nimmt Aufträge entgegen. Die Arbeit selbst erledigt er Daheim. Dafür verlangt Gottfried Pester nur wenig mehr als zu DDR- Zeiten. Er will sich noch ein paar Mark zu seiner Rente dazu verdienen und den Kontakt zu seinen Bekannten und Kunden nicht verlieren. "Wenn du über 40 Jahre Schneider warst, 30 Jahre davon selbständig, hast du einen treuen Kundenstamm und heute wirst du mit deinen speziellen Kenntnissen gesucht. Da kannst du nicht einfach aufhören" sagt er. Obwohl er mehere Male seine sprichwörtliche Zähigkeit benötigt hat, um nicht alles hinzuschmeißen. Der Schwerste Schlag traf den Meister 1990. Bis dahin war er der einzige Lederschneider der Region gewesen, ein König mit sechs Angestellten in einer "Residenz" im berühmten "Reinholds-Garten" Heute ist in diesen Gebäude die SchmidtBank. Um bei Meister Pester an die Reihe zu Kommen, mußten die Kunden oft ein Jahr warten. Nicht weil der Schneider so langsam war, sondern weil er sich vor Arbeit nicht retten konnte. Dann kam die Lederjackenschwemme und binnen Monate das Aus. Der Schneidermeister ging als Hausmeister zu einer Bank. Zwei Jahre später ging er in den Ruhestand, ohne Ruhe zu finden, denn Zwickau lockte ihn. Das 100 Jahre alte Haus in der Saarstraße hatte lange leergestanden und ist nicht mehr bewohnt Die Wasserleitungen sind geplatzt, das Gemäuer marode, doch Gottfried Pester braucht nicht viel. Er richtet sich ein Zimmer ein und schraubte draußen ein Schild an;fertig war die Annahmestelle, halb Hobby, halb Berufung. "Aber als Handwerker mußt du hier viel mitmachen" seufzt er und meint die Nacht des 3. Januar 1997 Zehn Tage vorher hatten Bauarbeiter ein Stromkabel zerhackt. Hauslicht und Straßenlaternen blieben finster, die Dunkelheit nutzten Diebe ,um einzubrechen. Sie schleppten eine historische Nähmaschine, eine Bügeleisensammlung und einen wertvollen Sekretär fort, sogar das 100 Jahre alte Bett, in dem Gottfried Pester als Junge gelegen hatte. wenn er bösartig wäre, könnte er sagen, das habe ich dem Wasserwerk zu verdanken. Die Bauarbeiter, denen die Spitzhacke so locker saß, buddelten nämlich im Auftrag dieses Unternehmens, und mit dem hat der Schneidermeister noch eine Rechnung offen; Obwohl die Leitungen im Haus nicht zu gebrauchen sind mußte er Jahrelang und noch immer Grundgebühr für Wasser und Abwasser bezahlen." Welch ein Blödsinn ", schüttelt er den Kopf. "Ich bringe mir immer einen Kannister von zu Hause mit". Deshalb wollte er ,das im die Wasserwerker unkompliziert die Leitung auf der Straße abdrehen. Aber dafür wollte die Firma Geld sehen. Arogant und überheblich setzte sich Herr W. Geschäftsführer des Wasserwerkes, über die Bitte des Meisters hinweg, erst einige Zeit später wurde bei einer Neuverlegung das Haus vergessen anzuschließen, jetzt braucht der Meister keine Gebühren mehr zu bezahlen.Doch zäh wie er ist ,will er das Geld aus den Vorjahren zurück. Nach dem Gesetz ist die Firma im Recht, doch aus der Vertriebsabteilung sickerte durch, das man notfalls nachgeben wird- weil eine Kulanzregelung billiger ist als immer einen Kollegen nur für die Streitgespräche mit dem Meister abzustellen.Der hätte dann nur noch ein Problem; das Haus müßte saniert werden und ein Investor müßte gefunden werden. Er bringt es nicht übers Herz, das Band zu seiner Heimatstadt zu kappen. Zäh wie er ist, wird der Schneidermeister auch da einen Weg finden!

Foto Mann
Quelle: Zeitungsartikel in der "Freien Presse"